Ich habe diesen einen Freund. Ich kenne ihn seit der ersten Klasse. Er
war der coolste Junge der ganzen Grundschule, weil er jede Pause mit mir
verstecken gespielt und mich manchmal von der Schule bis nach
Hause gebracht hat, wenn ich Angst hatte allein zu gehen. Später mochte
ich ihn nicht mehr so gern. Irgendwann hatte er aufgehört mich nach
Hause zu bringen und angefangen mit den anderen Jungen in den Pausen
Fußball zu spielen. Wenn er mich gesehen hat, hat er sich weggedreht und
mit seinen Freunden geredet. Als ich elf Jahre alt war, ließen meine
Eltern sich scheiden. Ich wollte auf keinen Fall, dass sie es einer
meiner Freundinnen erzählen. Meine Mutter konnte nicht mit ansehen wie
traurig ich war und rief bei ihm an. Er kam vorbei und blieb das ganze
Wochenende. Wir lagen auf meinem Bett, schauten fern und er weinte fast
genau so viel wie ich. Für jede Werbepause, die ich ohne weinen
überstand, erlaubte er mir eine Kugel Schokoladeneis zu essen. Von da an
ging er wieder jeden Tag mit mir nach Hause. Die Jahre vergingen. Er
kam mit Mädchen zusammen und trennte sich von ihnen, aber ich war immer
das Mädchen, das er abends nach Hause brachte. In der elften Klasse saß
ich im Deutschunterricht neben ihm. Ich starrte ihn an. Ich sah direkt
in seine grünen Augen und verstand auf einmal, was meine Mutter meinte
als sie zu mir sagte, dass die Augen das Tor zur Seele seien. In dem
Moment wünschte ich mir, dass er mehr als mein bester Freund sei, aber
ich wusste, dass er das nicht wollte. Im nächsten Jahr trat er bei einer
Schulaufführung auf. Ich saß in der ersten Reihe und lächelte ihn an
während er im Rampenlicht stand. Er sah unglaublich schön und glücklich
aus und er lächelte zurück. In dem Moment wünschte ich mir, dass er mehr
als mein bester Freund sei, aber ich wusste, dass er das nicht wollte.
Ein paar Wochen später kam er mit einer Freundin von mir zusammen. Alle
erzählten, wie gut die beiden zusammen passen würden. Sie war genau so
schön und beliebt wie er. Aber ich war es, die er jeden Tag von der
Schule nach Hause fuhr. Einen Abend saßen wir lange zusammen in seinem
Auto. Er erzählte mir, dass er gerade die schönste Zeit seines Lebens
habe. Ich sah in seine wunderschönen grünen Augen und wusste, dass er
die Wahrheit sagte. In dem Moment wünschte ich mir, dass er die schönste
Zeit seines Lebens meinetwegen hätte. Ich wünschte mir, dass er mehr
als mein bester Freund sei, aber ich wusste, dass er das nicht wollte.
Am nächsten Tag in der Schule mussten wir Aufsätze über das Thema Erste
Liebe schreiben. Ich wusste ganz genau, worüber ich schreiben wollte,
aber ich konnte es nicht. Als ich meinen besten Freund anschaute, sah
ich, wie er meine Freundin angrinste. In dem Moment wünschte ich mir,
dass er diesen Aufsatz über mich schreiben würde. Ich wünschte mir, dass
er mehr als mein bester Freund sei, aber ich wusste, dass er das nicht
wollte. Ein paar Wochen später rief meine Freundin mich an und sagte
mir, dass er mit ihr Schluss gemacht habe. Als er mich am nächsten Tag
nach Hause fuhr, saßen wir Stunden lang in seinem Auto. Wir redeten über
unsere Freunde, über die Schule, über Musik. Er erzählte mir, dass er
meine Freundin nie geliebt habe. In dem Moment wünschte ich mir, dass er
mir sagen würde, dass er mich liebe. Ich wünschte mir, dass er mehr als
mein bester Freund sei, aber ich wusste, dass er das nicht wollte. Die
Zeit verging. Nach dem Abitur wollte er ein Jahr nach Kanada gehen. Auf
seiner Abschiedsparty saß er neben mir und sagte, dass ich seine beste
Freundin sei. Ich sah in seine wunderschönen grünen Augen und gab ihm
einen Kuss auf die Wange. In dem Moment wünschte ich mir, dass er mir
sagen würde, dass er mich liebe. Ich wünschte mir, dass er mehr als mein
bester Freund sei, aber ich wusste, dass er das nicht wollte. Die Zeit
verging. Als er wiederkam, erzählte er mir, dass er ein Mädchen kennen
gelernt habe, das er heiraten wolle. Er stellte sie mir vor. Als er mich
fragte, wie ich sie finden würde, sagte ich, dass sie wunderschön sei.
Er erwiderte, dass er die Liebe seines Lebens gefunden habe. Dann drehte
er sich um und ging. In dem Moment wünschte ich mir, dass ich die Liebe
seines Lebens sei. Ich wünschte mir, dass er mehr als mein bester
Freund sei, aber ich wusste, dass er das nicht wollte. An diesem Tag
fuhr er mich zum letzten mal nach Hause. Auf seiner Hochzeit saß ich in
der ersten Reihe der Kirche. Er stand vorn im Rampenlicht. Wie bei der
Schulaufführung sah er unglaublich schön und glücklich aus. Ich lächelte
ihn an und er lächelte zurück. Ich sah in seine wunderschönen grünen
Augen und wusste, dass sein Lächeln aufrichtig war. In dem Moment
wünschte ich mir, dass ich neben ihm am Altar stehen würde. Ich wünschte
mir, dass er mehr als mein bester Freund sei, aber ich wusste, dass er
das nicht wollte. Mein bester Freund zog mit seiner Frau nach Kanada.
Ich blieb zu Hause. Die Jahre vergingen. Heute sitze ich wieder in der
Kirche. Es ist seine Beerdigung. Ich erfahre, dass er sich schon nach
einigen Jahren von seiner Frau getrennt hat. Unsere Lehrerin aus der
zwölften Klasse hält eine Trauerrede. Sie sagt, dass er schon immer
wunderbar schreiben konnte. Dann beginnt sie einen Auszug aus seinem
Aufsatz in der zwölften Klasse vorzulesen. 'Meine Erste Liebe: Ich habe
dieses Mädchen noch nie angesehen ohne ihr sagen zu wollen, dass ich sie
liebe. Ich sehe in ihre wunderschönen grünen Augen und wünsche mir,
dass sie mehr als meine beste Freundin ist, aber ich weiß, dass sie das
nicht will.'
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